01.09.2017
Hamburger Korrespondenz im September 2017


Dem ersten Reeder, dem ein Teil seiner Kredite von der HSH Nordbank erlassen wurde, war Bernd Kortüm. Dem Reeder wurden im November 2016 von seinen Krediten 547 Millionen Euro erlassen. Dazu Kortüm im Interview in den «Kieler Nachrichten« vom 20. Dezember 2016: «Über viele Jahre der Zusammenarbeit haben wir ein Kreditvolumen von fünf Milliarden Euro mit der HSH gehabt. Und davon haben wir bis zum Beginn der Krise rund drei Milliarden zurückbezahlt.» Während der Krise zahlten wir rund weitere 500 Millionen Euro zurück. Auch über Chancen und Risiken doziert Kortüm in der Kieler Tageszeitung, jede Investitionsentscheidung muss man abwägen: «Zum damaligen Zeitpunkt habe ich die Chancen größer eingeschätzt als die Risiken, weil der Containertransport damals ein Wachstumsmarkt war.» Zum Unmut in der Öffentlichkeit über den Schuldenerlass von rund 547 Millionen Euro – das kurz vor Übertragung eines milliardenschweren Kreditportfolios an die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein - das Geld «wurde uns nicht erlassen oder geschenkt, sondern wir haben einen bedingten Forderungsverzicht vereinbart.

Auf großes Unverständnis in der Öffentlichkeit stieß, dass sich Kortüm für Millionen Euro eine Yacht kaufte. Der Reeder spricht hier lieber von «Segelboot». Seine neue Yacht, die «ALITHA», gebaut auf der Werft Abeking & Rasmussen in Lemwerder an der Weser, wurde im Sommer 2016 für 8,7 Millionen angeboten - war, so der neue Eigner, ein absolutes Schnäppchen. Die Aluminium-Yacht hat Platz für 10 Passagiere und eine sechsköpfige Crew. Für Fahrt ohne Segel besitzt die Yacht einen MTU-Dieselmotor mit 570 PS.

Nun plant das staatseigene Geldinstitut HSH Nordbank einen noch größeren Schuldenerlass. Begünstigter ist das Unternehmen des Reeders Heinrich Schoeller in Limassol auf Zypern. Zeitweise hat das Unternehmen bis zu 1,5 Milliarden Euro von der HSH Nordbank geliehen. Die genaue Summe des Schuldenschnitts hängt davon ab, zu welchem Wechselkurs der Vertrag zwischen Bank und Reeder geschlossen wurde. Die HSH Nordbank bilanziert in Euro, die Schoeller Holdings in US-Dollar.

Beim Hamburger Reeder Bertram Rickmers, auch einer der größten Schuldner der HSH Nordbank, verweigerte das Kreditinstitut im Mai des Jahres einen Sanierungsplan - daraufhin meldete der Reeder Insolvenz an.

Im Fall des Reeders Schoeller geht die HSH Bank davon aus, dass bis zu 60 Prozent der Forderungen der Reederei abgeschrieben werden können. Dafür hat das Geldinstitut bereits Vorsorge getroffen. Der Kredit war in den Jahren 2005 bis 2008 entstanden. Wenn die Restrukturierung nicht gelingt, entsteht ein noch größerer Schaden. In jedem Fall kommt letztlich der Steuerzahler in Hamburg und Schleswig-Holstein dafür auf. Die Tochterfirmen von Schoeller in Hamburg sind: «Hanse Bereederung GmbH.» und «Columbia Shipmanagement». Ein weiteres Tochterunternehmen - die «Columbia Cruise Management» - stellt Crews für Kreuzfahrtschiffe wie die «Queen Mary 2» und andere Luxusliner zur Verfügung.

Gelingt bis zum Stichtag 28. Februar 2018 die Privatisierung der HSH Nordbank nicht, verlangt die EU ihre Abwicklung. Wir werden sehen, wie das Spiel ausgeht.

Zur Aufklärung der Krawalle und Ausschreitungen beim G20 in Hamburg vom 7. und 8. Juli 2017 wird es keinen parlamentarischen Untersuchungsausschuss gegen. Nun kommt ein Untersuchungsausschuss der die Tage im Juli aufarbeiten soll. Die Regierungsparteien von SPD und den Grünen haben sich mit der Opposition von CDU und FDP gegen Die Linke für diese kastrierte Untersuchung mit dem «G20-Sonderausschuss» geeinigt und wird im September seine Arbeit aufnehmen.

Seit dem 28. August laufen vor den Hamburger Gerichten die ersten G20-Prozesse. Den ersten Angeklagten, einen 21-jährigen Niederländer, bringt in Handschellen ein Justizwachtmeister aus dem Untersuchungsgefängnis in den Sitzngsaal, wo 60 Sympathisanten bereit warten. Dem Angeklagten, seit dem 7. Juli in Untersuchungshaft, wird vorgeworfen, nach dem Ende der «Welcome to Hell»-Demonstration einen Berliner Bereitschaftspolizisten mit zwei Flaschen am Bein und Kopf getroffen zu haben. Als Zeuge sagte Polizist aus, er habe wohl den Schlag gegen seinen Helm gespürt, wurde aber nicht verletzt. Trotzdem konnte der noch loslaufen und den mutmaßlichen Werfer festnehmen. Der jugendliche Täter hat sich gegen die Festnahme gewehrt, in dem er alle Muskeln anspannte, sich in die «Embryonalstellung» brachte. Der Richter verurteilte den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung, schweren Landfriedensbruch und Widerstand gegen einen Vollstreckungsbeamten zu 2 Jahre und 7 Monaten Haft.

Ein Pole ist der nächste Angeklagte. Der 24-Jährige soll auf dem Weg zur «G20 not welcome: Grenzenlose Solidarität statt G20» gegen das Bewaffnungsverbot verstoßen zu haben. In seinem Rucksack wurden gefunden: sechs Feuerwerkskörper, ein nicht zugelassenes Reizstoffsprühgerät, eine Taucherbrille, zwei Glasmurmeln, die als Geschosse für Zwillen geeignet sind. Das Urteil für den Kunststudenten: 6 Monate Haft auf Bewährung. In Untersuchungshaft sind noch weiter 30 Personen die auf ihren Prozess warten.

Noch immer ermittelt die Hamburger Polizei in weiteren Straftaten: Körperverletzung, Landfriedensbruch, Brandstiftung. Dazu sichten die Beamten stundenlang Videobänder der G20 Tage in der Hansestadt. Bis dieser Vorgang abgeschlossen ist, fließt noch viel Elbwasser in Richtung Nordsee.
khw




Norddeutsche Vermögen


Rote Flora


Schulterblatt mit Roter Flora


Polizei im Einsatz


Polizei an den Messehallen