01.08.2017
Hamburger Korrespondenz im August 2017


Der G20 wurde zum Albtraum der Hansestadt Hamburg. Die Tage vom 7. und 8. Juli sollten einmal für die Stadt werbewirksam um den Erdball gehen. Aber daraus wurde nichts.

Über 21.000 Polizisten aus den 16 Bundesländern, dazu Polizisten aus Dänemark, den Niederlanden und der Alpenrepublik Österreich waren zur Sicherheit von 20 Präsidenten, Kanzlern und Königen in die Elbmetropole abgeordnet. Nur das Sicherheitskonzept G20 des leitenden Polizeidirektors und Einsatzleiters der Hamburger Polizei, Hartmut Dudde, vom 1. Bürgermeister Scholz, dem Polizeipräsidenten Meyer wie auch in Berlin abgesegnet, wurde zum Desaster. Bereits bei Großveranstaltungen in den Jahren von 2007 bis 2015 wurde Hartmut Dudde im Nachhinein vom Verwaltungsgericht Hamburg in die Schranken verwiesen. Untergebene Duddes baten beim Polizeipräsidenten um ihre Versetzung.

Nach den groß angelegten Polizeieinsätzen während des G20-Gipfels in Hamburg ermitteln die Behörden in bislang 36 Fällen gegen Polizisten. 27 Verfahren würden wegen Körperverletzung im Amt geführt, verkündete die Innenbehörde der Hansestadt. Nach ihren Angaben wurden sieben der bislang anhängigen Verfahren gegen Polizisten von Amts wegen eingeleitet, darunter auch vier wegen Körperverletzung im Amt.

Auch mit der Sonderhaftanstalt in der Schlachthofstrasse in Harburg gab es große Probleme. Die ehemalige Zentrale Erstaufnahme für Flüchtlinge, davor ein Großmarkt für Lebensmittel, war für Millionen Euro zu einer Gefangenensammelstelle mit Haftzellen umgebaut worden. Vierhundert Inhaftierte konnten hier einsitzen. Vorhanden auch Zimmer für Staatsanwälte und Richter, ebenso für Verteidiger. Auch hier gab es große Pannen besonders für die Inhaftierten, die häufig stundenlang auf ihren Rechtsbeistand, wenn er denn kam, warten mussten.

Heute sitzen noch immer, so die Angaben des Hamburger Gerichtsprechers, 35 überwiegend junge Männer in Untersuchungshaft. Ursprünglich waren es 51 Personen, davon 15 entlassen und eine Person wurde von der U-Haft verschont. Die Beschuldigten kommen aus 15 Nationen, und sind zwischen 19 und 56 Jahre alt. Die Bundesbürger kamen aus Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, andere aus Italien, Frankreich und Russland.

Einigen von den Inhaftierten, so berichtet die Junge Welt am 27. Juli, werden noch nicht einmal konkrete Straftaten vorgeworfen. Betroffen ist zum Beispiel eine 23-jährige Italienerin. «Die ist inhaftiert», der justizpolitische Sprecher der Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft Martin Dolzer, «da sie sich zur falschen Zeit am falschen Ort aufgehalten hat.» In diesem Fall keine Tat noch Tatverdacht wie die Rechtsanwältin Maja Beisenherz. «Es drängt sich der Eindruck auf, dass in mehreren Fällen an Nichtdeutschen, die nach G20 in U-Haft bleiben, im Rahmen einer Feindbildzuschreibung ein vollkommen unverhältnismäßiges Exempel statuiert werden soll» so Dolzer weiter in der Zeitung aus Berlin.

Die Zustände in der JVA Billwerder, hier sitzenden die Untersuchungsgefangenen ein, sind nach wie vor schlecht. Nach Rechtsanwalt Lino Peters, wurde eine Person mit der Begründung, «Demonstranten brauchen keine Bibliothek», nicht in die Anstaltbücherei gelassen.

Erfahrungsgemäß wird die Zahl der Verfahren in den nächsten Wochen noch steigen. Noch immer ist nicht bekannt wie viele der Protestierenden verletzt wurden.

Vor dem Beginn des G20 Gipfels sagte der Innensenator Andy Grote großspurig: «Der G20 soll das Schaufenster eines modernen Polizeieinsatzes sein». Aus dem G20 in Hamburg ist keine «win-win-situation» für die Stadt geworden, wenn noch immer der 1. Bürgermeister Olaf Scholz gemeinsam mit dem Innensenator Andy Grote, dem Polizeipräsident Ralf Martin Meyer und dem Einsatzleiter Hartmut Dudde ihr Sicherheitskonzept schön reden. Trotz Beifall aus dem Kanzleramt in Berlin, von Merkel und Co., will André Trepoll, CDU-Oppositionsführer in der Bürgerschaft, dass Scholz als 1. Bürgermeister abtritt. Wie parlamentarisch im allgemeinen üblich, soll der G20 nicht durch einen Parlamentausschuss geklärt werden, sondern, so wie von SPD und Grünen geplant, nur durch einen Sonderausschuss. Das Thema «G 20» wird weiterhin in Hamburg nichts von seiner Brisanz einbüßen. Nun ist auch die «Rote Flora» im Gespräch, ob eine Schließung des alternativen Kulturzentrum möglich ist, wird gefordert, besonders fordert das die FDP.



Hamburg - Der Michel


Besucher-Magnet - Elbphilharmonie


Hamburg - Hafen
Die geplante Elbvertiefung kommt offenbar näher. In Hamburg wurde eine neue Ausgleichfläche für den bedrohten Schierlingswasserfenchel gefunden. Auf der Billwerder Insel soll das neue Gebiet für die Pflanze entstehen. Die neue Ausgleichfläche soll in der Trinkwassergewinnungsanlage, die 1892 auf der Billwerder Insel gebaut und 1990 stillgelegt wurde, angelegt werden. Sie steht heute unter Denkmalschutz. Von den vier vorhandenen Wasserbecken sollen geeignete an die Tide der Elbe angeschlossen werden. Ob es nun zur Elbvertiefung kommt ist noch immer ungewiss, ob die Reeder diese benötigen, ist ebenso ungewiss, da die Frachtraten nicht die Kosten tragen.
khw

Nachtrag
Nun ermittelt die Hamburger Staatsanwaltschaft beim G-20-Gipfel gegen die Polizei. Die hat offensichtlich grundlos einen Bus mit jungen Aktivisten der «Roten Falken« und den «jungen Grünen« vor Hamburg in den Gewahrsam genommen. Die Vorgänge soll ein offizielles Ermittlungsverfahren klären. Die jungen Leute wurden über Stunden festgehalten und auch schlecht behandelt.